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Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung

Das BMF hat mit Schreiben vom 12. Januar 2022 den Anwendungserlass zur Abgabenordnung geändert und damit einige mit dem Jahressteuergesetz 2020 eingeführte Regelungen konkretisiert.

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Dipl.- Kfm. Hauke Hübert
Dipl.- Kfm. Hauke Hübert
Leiter der Steuerabteilung
Wirtschaftsprüfer / Steuerberater
Zertifizierter Berater für Gemeinnützigkeit (IFU / ISM gGmbH)

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Bereits mit dem Jahressteuergesetzt 2020 hat der Gesetzgeber einige wesentliche Neuregelungen in Bezug auf Kooperationen im gemeinnützigen Konzern eingeführt. Im August 2021 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) erstmals zu diesen Änderungen Stellung genommen. Durch dieses Schreiben wurden zum einen einige Unsicherheiten geklärt, zum anderen habe sich neue Fragestellungen ergeben. Mit Schreiben vom 12. Januar 2022 hat das (BMF) erneut eine Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) vorgenommen und damit die Umsetzung der neuen Regelungen weiter konkretisiert.

Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen

Zur Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen sind nunmehr Fremdvergleiche mit anderen Wirtschaftsunternehmen zulässig. Als unangemessen gelten dabei jene Vergütungen, die den oberen Rand der als angemessen angesehenen Bandbreite überschreiten. Eine geringfügige Überschreitung dieser Grenze stellt zwar noch keinen Verstoß der Angemessenheit dar, allerdings führt der AEAO nicht näher aus, ab welchem Umfang eine Überschreitung nicht mehr als geringfügig anzusehen ist. Eine unangemessene Überschreitung liegt jedoch definitiv vor, wenn die Angemessenheitsgrenze um mehr als 20 % überschritten wird (Nr. 25 des AEAO zu § 55 AO).

Warenlieferungen

Bislang berücksichtigte der AEAO im Rahmen des planmäßigen Zusammenwirkens lediglich Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen. Im Zuge der Änderung des AEAO haben nun auch Warenlieferungen Einzug in den AEAO gefunden (Nr. 5 des AEAO zu § 57 Abs. 3 AO). Damit können nunmehr alle Warenlieferungen an andere Körperschaften, mit denen planmäßig zusammengewirkt wird, dem ertragsteuerfreien Zweckbetrieb zugeordnet werden. Weiterhin sind Warenlieferungen nun auch in Nr. 1 des AEAO zu § 58 Nr. 1 AO aufgenommen worden und stellen somit, neben den bereits bekannten Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen, eine zusätzliche Mittelweiterleitungsmöglichkeit dar.

Planmäßiges Zusammenwirken

Hinsichtlich der Nennung der Kooperationspartner i. S. d. § 57 Abs. 3 AO in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag ergeben sich mit der Änderung des AEAO einige Erleichterung für Unternehmensverbünde. Verlangte das BMF in seinem Schreiben vom 6. August 2021 noch die konkrete Nennung der Kooperationspartner, ist es nunmehr ausreichend, die Bezeichnung des Unternehmensverbundes in Satzungen und Gesellschaftsverträge aufzunehmen. Der Finanzverwaltung ist jedoch bei Beginn der Kooperation sowie bei Änderungen der Kooperationspartner eine Aufstellung der einzelnen Kooperationspartner vorzulegen (Nr. 8 Abs. 2 des AEAO zu § 57 Abs. 3 AO). Weiterhin können Leistungen von Körperschaften, die bereits als steuerbegünstigt anerkannt sind, bereits vor der zivilrechtlichen Wirksamkeit (Registereintragung), nämlich ab dem Zeitpunkt des Organbeschlusses, dem Zweckbetrieb zugeordnet werden. Dies gilt gemäß Nr. 9 des AEAO zu § 57 Abs. 3 AO nicht für Körperschaften, welche lediglich aufgrund der Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO als steuerbegünstigt angesehen sind (ehemals steuerpflichtige Servicegesellschaften). Somit muss bei den Servicegesellschaften die zivilrechtliche Wirksamkeit in Form der Registereintragung bereits zu Beginn des jeweiligen Veranlagungszeitraumes vorliegen.

Geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot

Mit der neuen Nr. 9 des AEAO zu § 63 AO findet auch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. März 2020 (V R 5/17) Berücksichtigung im AEAO. Demnach ist beim Entzug der Gemeinnützigkeit das Verhältnismäßigkeitsprinzip und der damit verbundene Bagatellvorbehalt seitens der Finanzverwaltung zu beachten. Somit rechtfertigen geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot nach § 55 AO beispielsweise nicht den Entzug der Gemeinnützigkeit. Eine Abgrenzung, welche Verstöße als geringfügig anzusehen sind, nimmt das BMF allerdings nicht vor. In dem angeführten Urteil erkannte der BFH einen Betrag von 3.000,00 EUR absolut und relativ als noch geringfügig an.

Inklusionsbetriebe nach § 68 Nr. 3 c AO

Für Inklusionsbetriebe ist mit der Änderung des AEAO insbesondere die Berechnung der 40 %-Grenze konkretisiert worden (Nr. 7 des AEAO zu § 68 AO). Bei der Ermittlung werden nun auch Menschen mit einem sogenannten Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX) und einem Budget für Ausbildung (§ 61a SGB IX) berücksichtigt. Weiterhin erfolgt die Ermittlung der Beschäftigtenzahl mittels Kopfzählung und es gilt der Arbeitsplatzbegriff nach § 156 SGB IX. Die Konkretisierung ist insofern zu begrüßen, als dass die Berechnung der 40 %-Grenze bislang zu Problemen in der Praxis geführt hat. Für Teilzeitbeschäftigte existiert allerdings weiterhin eine Regelung, wonach diese erst ab einem Wochenstundenumfang von 12 bzw. 18 Stunden voll bei der Berechnung zu berücksichtigen sind.

Politische Betätigungen

Zuletzt ist mit der Änderung auch das sogenannte ATTAC-Urteil des BFH vom 10. Januar 2019 (V R 60/17) in den AEAO überführt worden. So stellt Nr. 16 des AEAO zu § 52 AO nun explizit klar, dass politische Zwecke, wie etwa die Beeinflussung der politischen Meinungs- und Willensbildung, die Gestaltung der öffentlichen Meinung oder die Förderung politischer Parteien, keinen eigenständigen gemeinnützigen Zweck i. S. d. § 52 AO darstellen. Trotz dessen dürfen auch steuerbegünstigte Körperschaften Einfluss auf politische Meinungs- und Willensbildung sowie auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung nehmen. Dies muss jedoch der Verfolgung der eigenen steuerbegünstigen Zwecke dienen und gleichzeitig parteipolitisch neutral bleiben. Auch das Einbringen von Fachwissen in parlamentarischen Verfahren nach entsprechender Aufforderung und die gelegentliche Veröffentlichung von Stellungnahmen zu tagespolitischen Themen im Rahmen der steuerbegünstigten Zwecke ist unschädlich. Die Begrifflichkeit der Tagespolitik wird vom BMF allerdings nicht näher definiert, sodass bei der Veröffentlichung von Stellungnahmen genau zu prüfen ist, ob das behandelte Thema noch Gegenstand der aktuellen Tagespolitik ist. Zu begrüßen ist jedoch, dass der AEAO nun klarstellt, dass solche vereinzelten Stellungnahmen gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich sind. So können beispielsweise nun auch Sportvereine gelegentliche Aufrufe starten, zu Themen wie Klimaschutz oder Rassismus, ohne den Verlust der Gemeinnützigkeit befürchten zu müssen.

Fazit

Durch die Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung sind einige Unklarheiten beseitigt worden. Zu nennen sind hier insbesondere die Änderungen bezüglich des § 57 Abs. 3 AO, die hinsichtlich des planmäßigen Zusammenwirkens zumindest teilweise Erleichterungen für steuerbegünstigte Körperschaften mit sich bringen. Allerdings lässt das BMF an mehreren Problemstellen die Möglichkeit verstreichen, durch genauere Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen bestehende Unklarheiten vollständig zu beseitigen. Hinsichtlich der politischen Betätigungen von gemeinnützigen Körperschaften ist daher eine Gesetzesänderung in diesem Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts, wie von der Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart, weiterhin wünschenswert. Dass eine geringfügige Mittelfehlverwendung nicht mehr zum Entzug der Gemeinnützigkeit führt, ist ebenfalls zu begrüßen.   

Ihr Ansprechpartner

Matthias Wenzel
Bachelor of Science
Steuerabteilung

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