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Pensionsrückstellungen – Gesetzesinitiative bremst Absinken des HGB-Rechnungszinses

Gesetzesinitiative bremst Absinken des HGB-Rechnungszinses von 3,89 Prozent (7-Jahresdurchschnitt) auf 4,30 Prozent (10-Jahresdurchschnitt) rückwirkend zum 31. Dezember 2015.

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Dipl.-Kfm. Jürgen Groteschulte
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Nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Unter der Restlaufzeit ist bei Pensionsverpflichtungen und vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen nicht die voraussichtliche Dauer bis zur vollständigen Abwicklung, sondern die Duration im Sinne eines versicherungsmathematischen Schwerpunkts aller künftigen Zahlungen an den Versorgungsberechtigten zu verstehen. Die Ermittlung und Bekanntgabe der Abzinsungszinssätze erfolgt nach Maßgabe der Rückstellungsabzinsungsverordnung (RückAbzinsV) durch die Deutsche Bundesbank (§ 253 Abs. 2 Satz 4, 5 HGB).

§ 253 Abs. 2 Satz 2 HGB erlaubt es, bei der Ableitung des Abzinsungszins­satzes für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen von einer pauschalen Restlaufzeit (mittlere Duration) von 15 Jahren auszugehen (sog. Vereinfachungsregelung). Diese gesetzlich legitimierte Durchbrechung des Einzelbewertungsgrundsatzes (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) soll es dem Bilanzierenden ermöglichen, auf die Ermittlung eines individuellen Abzinsungszinssatzes je nach Restlaufzeit der künftigen Zah­lungen zu verzichten.

Es ist bei Pensionsverpflichtungen und vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen auch in Fällen kürzerer oder längerer Restlaufzeiten als zulässig zu erachten, bei der Bestimmung des anzuwendenden Abzinsungszinssatzes gemäß § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB von einer pauschalen Restlaufzeit von 15 Jahren auszugehen. Es empfiehlt sich jedoch, im Falle deutlich kürzerer (z.B. ältere Versorgungsempfänger im Bestand) bzw. deutlich längerer Restlaufzeiten als 15 Jahre bei der Bestimmung des anzuwendenden Abzinsungszinssatzes von der tatsächlichen (kürzeren oder längeren) Restlaufzeit auszugehen. Dabei darf die Restlaufzeit jeweils einheitlich für sachlich abgegrenzte Teilkollektive von Versorgungsberechtigten bestimmt werden.

Soweit die Vereinfachungsregelung i.S.d. § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB nicht in Anspruch genommen wird, dürfen auch Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtun­gen mit einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger abgezinst werden, sofern der angewandte Abzinsungszinssatz in einer den Anforderungen der RückAbzinsV gleichwertigen Weise ermittelt wird.

Aktueller Gesetzentwurf mit abgesenktem HGB-Rechnungszins führt rückwirkend zum 31. Dezember 2015 und zukünftig zu Ergebnisentlastungen

Ende Januar 2016 hat die Bundesregierung überraschend einen Gesetzentwurf verabschiedet, wonach der HGB-Rechnungszins zukünftig auf der Grundlage eines 10-Jahresdurchschnitts zu bestimmen ist. Die sich gegenüber dem bisherigen 7-Jahresdurchschnittszins ergebenden Entlastungswirkungen sind dabei künftig allerdings ausschüttungsgesperrt. Wahlweise sollen die neuen Regelungen rückwirkend zum 31. Dezember 2015 angewendet werden können (4,30 % statt 3,89 %).

Das mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) im Jahr 2009 ursprünglich verfolgte Ziel, die Rückstellungsbewertung im handelsrechtlichen Jahresabschluss (unabhängig vom steuerrechtlichen Rechnungszins von 6,0 %) mit einem 7-jährigen Durchschnittszins sukzessive den tatsächlichen Pensionsverpflichtungen des Unternehmens anzupassen, wird nunmehr – vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase – mit der Umstellung auf einen 10-jährigen Durchschnittszins erst in späteren Jahren erreicht.

Unter der Annahme, dass die Renditen von Unternehmensanleihen, die letztlich maßgeblich für die Höhe der zu verwendenden Zinssätze sind, auf einem unverändert niedrigen Niveau verbleiben, ist auch bei einem 10-jährigen Durchschnittszins in den kommenden Jahren von weiterhin deutlich sinkenden Zinssätzen für die 15-jährige Restlaufzeit auszugehen. Die HEUBECK AG hat mit Stand vom 4. Februar 2016 folgende Rechnungszinssätze hochgerechnet:

Abzinsungssätze

Allerdings ist festzustellen, dass insbesondere im Vorjahresvergleich der Sprung von 4,53 % (31.12.2014) hin zu 4,30% (wahlweise zum 31.12.2015) deutlich moderater ausfällt, als zum bisherigen Rechnungszins von 3,89 %.

Konkret hat die Bundesregierung nun folgende Eckpunkte beschlossen:

  • Der Zeitraum für die Durchschnittsbildung des Rechnungszinses für Altersvorsorge-(Pensions)rückstellungen – und nur für diese – wird von 7 auf 10 Jahre ausgedehnt.
  • Der Differenzbetrag zwischen dem Barwert bei Sieben- und Zehnjahreszins wird ausschüttungsgesperrt, und zwar nicht nur in der laufenden, sondern über alle zukünftigen Perioden.
  • Der ausschüttungsgesperrte Betrag muss in jedem Jahr unter der Bilanz oder im Anhang angegeben werden.
  • Die Regelung gilt für Abschlüsse, deren Geschäftsjahr nach dem 31. Dezember 2015 endet.
  • Die Unternehmen bekommen ein Wahlrecht, diese Regelung auch auf den Abschluss für das Geschäftsjahr 2015 anzuwenden. Wenn mittelgroße und große Kapitalgesellschaften davon Gebrauch machen, müssen sie dies im Anhang angeben.

Fazit

Durch diese Gesetzesinitiative mit nunmehr abgesenkten Rechnungszinssätzen – die allerdings noch vom Bundestag (voraussichtlich zweite Februarhälfte) verabschiedet werden muss – werden die nach dem Handelsrecht zu bilanzierenden Pensionsrückstellungen in den kommenden Jahren weniger schnell ansteigen. Dadurch ergeben sich in der Gewinn- und Verlustrechnung erhebliche Ergebnisentlastungen, die auch strukturelle Veränderungen in der Bilanz, wie etwa eine verbesserte Eigenkapitalquote, zur Folge haben. Die notwendige Angabe des Differenzbetrags im Anhang macht zukünftig eine Doppelberechnung der Pensionsrückstellungen erforderlich und ist insofern dauerhaft mit mehr Verwaltungsaufwand verbunden. Die Ausschüttungssperre dieses Differenzbetrages dürfte für steuerbegünstige Gesellschaften dagegen kaum Praxisrelevanz haben.

Im Rahmen ihrer Planungs- und Prognoserechnungen sollten Unternehmen neben den übrigen wesentlichen Bewertungsparametern (u.a. Einkommens- und Rentendynamik sowie Renteneintrittsalter) die künftig neue Entwicklung des HGB-Zinssatzes berücksichtigen, um die daraus resultierenden (aufwandswirksamen) Rückstellungserhöhungen für Pensionsverpflichtungen angemessen abschätzen können. Obwohl die zu erwartenden Rückstellungserhöhungen mit der aktuellen Gesetzesänderung zwar abgeschwächt sind, können diese mit 30 % - 60 % des heutigen Verpflichtungsumfangs aber durchaus erheblich sein.

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