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Familienhotel als steuerbegünstigter Zweckbetrieb

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21. September 2016 zur Nachweispflicht bei Zweckbetrieben nach § 66 AO entschieden, dass ein von einem gemeinnützigen Verein betriebenes „Familienhotel“ nur dann eine steuerbegünstigte Einrichtung der Wohlfahrtspflege ist, wenn nachgewiesen wird, dass die Leistungen zu mindestens zwei Dritteln den in § 53 AO genannten hilfsbedürftigen Personen gegenüber erfolgen. Da in dem vom BFH entschiedenen Fall diese Belegungsquote nicht nachgewiesen wurde, musste der Hotelbetrieb vollumfänglich als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb betrachtet werden.

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Dipl.-Kfm. Jürgen Groteschulte
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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21. September 2016 zur Nachweispflicht bei Zweckbetrieben nach § 66 AO entschieden, dass ein von einem gemeinnützigen Verein betriebenes „Familienhotel“ nur dann eine steuerbegünstigte Einrichtung der Wohlfahrtspflege ist, wenn nachgewiesen wird, dass die Leistungen zu mindestens zwei Dritteln den in § 53 AO genannten hilfsbedürftigen Personen gegenüber erfolgen. Da in dem vom BFH entschiedenen Fall diese Belegungsquote nicht nachgewiesen wurde, musste der Hotelbetrieb vollumfänglich als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb betrachtet werden.

Der Fall

Die Beteiligten stritten hinsichtlich der Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Jahre 2003 und 2005 darüber, ob der als gemeinnützige Körperschaft anerkannte Kläger mit seinem "Familienhotel" teilweise einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb oder in vollem Umfang einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhielt.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein und bezweckte gemäß seiner Satzung die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen, die Förderung der Jugend- und Altenhilfe, die Bildung von Jugendlichen und Erwachsenen, die Förderung der Familie und insbesondere die Förderung von Familienerholung und -bildung. Im Jahr 2005 wurde der Satzungszweck um die Bildung von Familien und die Förderung des Schutzes von Ehe und Familie ergänzt. Der Satzungszweck wurde in erster Linie durch die Trägerschaft und Unterhaltung der Ferien- und Bildungsstätte (Familienhotel) verwirklicht.

In seiner Steuererklärung ordnet der Kläger die Einnahmen aus der Gastronomie sowie der Vermietung von Konferenzräumen als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ein. Alle anderen Pensionsleistungen behandelte er jedoch als steuerbegünstigten Zweckbetrieb. In den Jahresabschlüssen verweist der Kläger darauf, als Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb gemäß § 66 AO zu sein, da er den in § 53 AO genannten Personen selbstlos diene und diesen mindestens zwei Drittel seiner Leistungen zugutekämen.

Für die beiden Streitjahre wurde der Verein vom damals zuständigen Finanzamt durch Bescheide vom 16. Februar 2007 (betreffend das Jahr 2003) und vom 28. Februar 2007 (betreffend das Jahr 2005) jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO veranlagt.

Nach einer Verlegung des Geschäftssitzes im Jahre 2007 wurde der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) zuständig. Im Rahmen der in den für die Jahre 2007 und 2009 durchgeführten steuerlichen Betriebsprüfung des Finanzamtes legte der Kläger keine Nachweise über die Prüfung der Hilfsbedürftigkeit nach § 53 Satz 1 Nr. 1 und § 53 Satz 1 Nr. 2 AO vor, aus denen erkennbar ist, dass zwei Drittel der Leistungen an die vorgenannten Personengruppen erbracht wurden. In der Folge erließ das Finanzamt entsprechende Änderungsbescheide für die Jahre 2003 und 2005 gemäß § 164 Abs. 2 AO mit Aufhebung der Vorbehalte. Die Einsprüche des Klägers blieben erfolglos.

Der Kläger argumentierte er habe seinen Gästen zusammen mit den Buchungsunterlagen Fragebögen übersandt, um auf diese Weise die notwendigen Daten zu erheben. Diese Bögen seien aber von den Gästen überwiegend nicht ausgefüllt worden. Das Ausfüllen der Fragebögen sei den Gästen lästig gewesen oder es wurde von ihnen als Zumutung empfunden detaillierte Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen.

Das Urteil des BFH

Der BFH urteilte am 21. September 2016, dass die Revision unbegründet ist und zurückgewiesen wird (§ 126 Abs. 2 FGO).

Hiermit entschieden die obersten Finanzrichter, dass das vom Kläger betriebene Familienhotel in vollem Umfang einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG in Verbindung mit §§ 14, 64 AO darstellt und insoweit die Voraussetzungen für einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach §§ 65 bis 68 AO im Streitfall nicht vorliegen.

Von der Körperschaftsteuer befreit sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung damit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG). Im Sinne einer Gegenausnahme sieht § 64 Abs. 1 AO allerdings vor, dass dieser Begünstigungsausschluss nicht zum Tragen kommt und damit die Steuerbefreiung zu gewähren ist, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ein Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 bis 68 AO ist.

Gemäß § 66 Abs. 1 AO ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dient. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken (§ 66 Abs. 2 AO). Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege dient in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel der Leistungen zugutekommen. Zu den in § 53 AO genannten Personen gehören nach § 53 Satz 1 Nr. 1 AO solche, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder die wegen ihres geringen Einkommens als wirtschaftlich bedürftig im Sinne von § 53 Satz 1 Nr. 2 AO gelten.

Da der Kläger das Erreichen der genannten Zwei-Drittel–Grenze nicht nachgewiesen hat, ist die Voraussetzungen des § 66 AO nicht erfüllt und das Familienhotel wird somit durch das Gericht nicht als Einrichtung der Wohlfahrtspflege im Sinne von § 66 AO anerkannt. Das vom Kläger betriebene Familienhotel ist daher insgesamt als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen.

Um das Erreichen der Zwei-Drittel-Grenze nachzuweisen hätte der Kläger Aufzeichnungen darüber vorzulegen gehabt, wem die Unterstützung zugutegekommen ist. Diese hätten Aufschluss darüber geben müssen, in welchem Umfang und aufgrund welcher Ermittlungsart (Registrierung, Erfassung, Ausgabe von Ausweisen) das vom Kläger betriebene Familienhotel seine Leistungsempfänger der in § 53 AO genannten Personengruppe zugeordnet hat. Dies sei im Streitfall nicht geschehen.

Das Argument des Klägers, dass es nicht möglich gewesen sei, den erforderlichen Nachweis zu führen, weil die Gäste des Familienhotels sich teilweise geweigert hätten, die von ihm vorgelegten Formulare auszufüllen, wies der BFH zurück. Der Kläger habe in den Streitjahren nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten zur Ermittlung der Zwei-Drittel-Grenze ausgeschöpft. Er habe außerdem nicht vorgetragen, weshalb es ihm unmöglich war, bei der Registrierung der Hotelgäste die für die Anwendung des in § 53 AO erfassten Personenkreises erforderlichen Angaben z.B. mithilfe eines kurzen, nicht zu kompliziert gefassten, Standardformulars abzufragen. Überdies müsse das Nichtausfüllen des Formulars eher als Hinweis darauf gedeutet werden, dass diese Gäste gerade keine bedürftigen Geringverdiener mit Anspruch auf eine entsprechende Ermäßigung des Übernachtungspreises waren. Laut dem Urteil läge das "Aufklärungsdefizit" hier in die Risikosphäre des Klägers und folglich fiele die Beweislastentscheidung zu Ungunsten dessen aus.

Auch die seit dem 1.Januar 2013 geltende Neuregelung in § 53 AO zur Beweiserleichterungen greife hier nicht. Sie erfasse zwar Fälle, in denen es der Körperschaft faktisch unmöglich ist, den für die Anwendung von § 53 Satz 1 Nr. 2 AO erforderlichen Nachweis zu führen, wie z.B. beim Betrieb eines Obdachlosenheims, für die Anwendung dieser Regelung sei aber entscheidend, dass die Leistung typischerweise nur Bedürftigen zugutekommt. Diese Voraussetzung sei nach Ansicht des BFH hier nicht erfüllt da das Familienhotel auch von nicht bedürftigen Gästen genutzt wurde.

Konsequenzen für die Praxis

Der BFH stellte mit dem Urteil am 21. September 2016 klar, dass Träger der Wohlfahrtspflege grundsätzlich nachweisen können müssen, dass zwei Drittel der Leistungen an bedürftige Personen im Sinne des §66 Abs. 3 AO erbracht werden, um entsprechende Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen zu können. Die Beweislast liegt hierbei grundsätzlich bei den Trägern. Es ist ihnen nicht möglich sich der Nachweispflicht dadurch zu entziehen indem sie argumentieren, dass es nicht oder nur sehr schwer möglich sei, diese Nachweise zu erbringen. Das Urteil verdeutlicht, dass die für die Erfüllung der Voraussetzungen eines Zweckbetriebes erforderlichen Nachweise konsequent geführt werden müssen, um die entsprechenden Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen zu können.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 21. September 2016 (V R 50/15), veröffentlicht am 30. November 2016.

 

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