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Umsatzsteuerpflicht von Kirchengemeinden als Träger von Friedhöfen

Umsatzsteuerpflicht von Kirchengemeinden hinsichtlich der Vergabe von Grabstätten auf der einen sowie dem Anlegen und Pflegen von Grabstätten auf der anderen Seite.

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Gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (nachfolgend UStG) sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, wozu auch Kirchengemeinden gehören, nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (nachfolgend BgA) im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Körperschaftsteuergesetz (nachfolgend KStG) gewerblich tätig und damit Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG. Nur insoweit können die von Ihnen ausgeführten Leistungen umsatzsteuerbar im Sinne von § 1 UStG sein.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG sind BgA von Körperschaften des öffentlichen Rechts alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der Körperschaft wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinne zu erzielen und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr werden für das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art nicht vorausgesetzt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG).

Das Vorliegen einer Einrichtung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG setzt keine Tätigkeit im Rahmen einer verselbständigten Abteilung voraus. Sie kann auch innerhalb des allgemeinen Betriebs miterledigt werden (vgl. R 6 Abs. 2 KStR). Eine Einrichtung kann auch dann schon angenommen werden, wenn Maschinen und Personal sowohl für den hoheitlichen als auch für den wirtschaftlichen Bereich eingesetzt werden, aber eine zeitliche Abgrenzung möglich ist. Ein wichtiges Merkmal für die Annahme einer Einrichtung im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 KStG ist darin zu sehen, dass der Jahresumsatz aus der wirtschaftlichen Tätigkeit den Betrag von 130.000 € inklusive Umsatzsteuer übersteigt (vgl. R 6 Abs. 3 KStR). Eine Einrichtung kann sich alternativ aber auch aus einer besonderen Leitung, aus einem geschlossenen Geschäftskreis oder ähnlichen Merkmalen ergeben (vgl. H 6 KStR).

Darüber hinaus ist es für das Vorliegen eines BgA gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG erforderlich, dass sich die wirtschaftliche Tätigkeit aus der Gesamtbetätigung der Körperschaft des öffentlichen Rechts heraushebt. Dies ist dann der Fall, wenn der Jahresumsatz aus dieser Tätigkeit den Betrag von 30.678 € inklusive Umsatzsteuer nachhaltig übersteigt. Wird dieser Betrag nicht erreicht, ist ein Betrieb gewerblicher Art nur dann anzunehmen, wenn dafür besondere Gründe von der Körperschaft vorgetragen werden (vgl. R 6 Abs. 5 KStR).

Zu den BgA gehören nach § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Um einen Hoheitsbetrieb handelt es sich, wenn die Körperschaft des öffentlichen Rechts in Erfüllung einer ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe tätig wird und ein öffentlich-rechtlicher Benutzungszwang besteht (BMF vom 11. Dezember 2009, BStBl. I 2009, 1597).

1. Vergabe von Grabstätten

Bei der Vergabe von Grabstätten sind die Kirchengemeinden als Träger von Friedhöfen tätig. Es besteht ein öffentlich-rechtlicher Benutzungszwang für Friedhöfe.

Soweit von der Kirchengemeinde Aufgaben des Bestattungswesens wahrgenommen werden, ist die Friedhofsverwaltung gem. H 10 KStH „Friedhofsverwaltung, Grabpflegeleistungen u.ä.“ ein Hoheitsbetrieb. Zu den Aufgaben des Bestattungswesens gehören neben dem eigentlichen Vorgang der Bestattung die Grabfundamentierung, das Vorhalten aller erforderlichen Einrichtungen und Vorrichtungen sowie die notwendigerweise anfallenden Dienstleistungen wie beispielsweise das Graben der Gruft. Darüber hinaus gehören hierzu Leistungen, die Kraft Herkommens oder allgemeiner Übung allein von der Friedhofsverwaltung erbracht oder die allgemein als ein unverzichtbarer Bestandteil einer würdigen Bestattung angesehen werden (H 10 KStH).

Die Vergabe von Grabstätten erfolgt also im Rahmen eines Hoheitsbetriebes. Eine hoheitliche Tätigkeit begründet keinen BgA und somit keine unternehmerische Tätigkeit. Diese Leistungen sind nicht umsatzsteuerbar nach § 1 UStG.

2. Anlage und Pflege von Grabstätten

Mit den Grabpflegeleistungen entfalten die Kirchengemeinden nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten zur Erzielung von Einnahmen, die sich vom Hoheitsbetrieb des Friedhofsamtes abgrenzen lassen. Sie erbringen diese Leistungen im Rahmen einer Einrichtung im Sinne von § 4 Abs. 1 KStG (BFH, Urteil vom 14. April 1983 - V R 3/79 -).

Es ist unerheblich, falls die beiden Leistungsgruppen der nichtsteuerbaren und der steuerbaren Leistungen organisatorisch im Friedhofsamt zusammengefasst werden und mit denselben personellen und sachlichen Mitteln erbracht werden. Maßgeblich ist, dass die steuerbaren Leistungen ihrem Wesen nach nicht als Leistungen eines Hoheitsbetriebes gekennzeichnet werden können, und dass die steuerbaren Leistungen der Grabpflege von den Leistungen des Hoheitsbetriebes sowohl funktionell als auch gebührenmäßig klar abgrenzbar sind (BFH aaO.).

Bei Überschreiten der oben bezeichneten Umsatzgrenze von 30.678 € hebt sich die Einrichtung auch wirtschaftlich aus der Gesamtbetätigung der Körperschaft des öffentlichen Rechts heraus. In diesem Fall stellt die Grabpflege einen BgA dar. Die Leistungen, die die Kirchengemeinden im Rahmen der Grabpflege erbringen, sind daher umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig zum Umsatzsteuersatz von 19 %.

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