Bild: Steine

Erfahrung schafft Vertrauen

Vereinsrecht: Übertragung von Aufgaben der Geschäftsführung auf Dritte nicht unbegrenzt möglich

Das OLG Brandenburg hat sich mit einem aktuellen Urteil zu den Grenzen der entgeltlichen Übertragung von Aufgaben der Geschäftsführung im Verein auf Dritte geäußert.

Ihr Ansprechpartner

 Rechtsanwältin Simone Scheffer
Rechtsanwältin Simone Scheffer
Steuerberaterin
0251 - 48204-54
s.scheffer@bpg-muenster.de

Der Vorstand eines Vereins überschreitet die sich aus §§ 27 Abs. 3, 64 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebende Grenze der zulässigen Delegation von Geschäftsführungsaufgaben, wenn er einen Dritten mit der Erledigung von Aufgaben beauftragt, die einen wesentlichen Teil der zum Wirkungskreis des Vorstands gehörenden Aufgaben ausmachen. Dies stellte das Oberlandesgericht Brandenburg mit aktuellem Urteil vom 17. März 2022 fest (AZ 10 U 16/21). Erfolgt die Beauftragung des Dritten dabei entgeltlich, kann der Abschluss des Vertrages nach Auffassung des OLG Brandenburg zudem gegen eine Satzungsbestimmung verstoßen, nach der die Tätigkeit im Vorstand ehrenamtlich ausgeübt wird.

Sachverhalt

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Klägerin (eine Dienstleistungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH) gegen den Beklagten (ein Verein) einen Anspruch auf Zahlung eines Entgelts für die Durchführung von Organisations- und Verwaltungsaufgaben zusteht.  

Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin hatte zusammen mit einem Geschäftspartner die Idee zur Gründung mehrerer gemeinnütziger Sportvereine zur Durchführung von Rehabilitationssport sowie zur Errichtung einer Gesellschaft, die gegen Zahlung eines nach dem jeweiligen Vereinsumsatz zu bestimmenden Entgelts umfassende Verwaltungsleistungen für Vereine erbringen sollte. Finanzieren sollten sich die Vereine über Mitgliedsbeiträge sowie über Leistungen der Krankenkassen. Die Geschäftspartner gründeten die Klägerin, zur gleichen Zeit wurde  auch der beklagte Verein gegründet, dessen Vorstand die beiden Geschäftspartner und die Ehefrau des einen Geschäftspartners waren. Die Satzung des beklagten Vereins entsprach den formellen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit gemäß §§ 59, 60 AO, so dass der Verein  als steuerbegünstigte Körperschaft seitens der Finanzverwaltung anerkannt wurde.

Vor Eintragung der Klägerin im Handelsregister schloss diese mit dem beklagten Verein eine Vereinbarung, die die Übernahme umfangreicher Verwaltungsaufgaben gegen Entgelt beinhaltete.

Bei dem Abschluss der Vereinbarung wurde der beklagte Verein durch seinen Vorstand, die Klägerin durch eine von den beiden Gesellschaftern bestellte Geschäftsführerin vertreten. In der Folgezeit wurde ein übergeordneter Dachverband gegründet, der gegenüber seinen Mitgliedern – den Vereinen – die Verpflichtung zur Erbringung der Verwaltungsaufgaben aus dem Vertrag übernahm. Der Dachverband beauftragte hierfür wiederum die Klägerin. Nachdem es zu Auseinandersetzungen zwischen Beteiligten gekommen war, wurde die gesamte Organisationsstruktur und auch der Vertrag aufgelöst. Die Klägerin verlangte vom beklagten Verein die Zahlung noch offener Entgelte und erhob Klage beim Landgericht Cottbus, das der Klage stattgab. Daraufhin legte der beklagte Verein Berufung ein.

Entscheidungsgründe

Das OLG Brandenburg gab der Berufung statt und führte aus, dass es keine Rechtsgrundlage für Zahlungsansprüche der Klägerin aus mehreren Gründen gebe. So sei der Vertrag zwischen der Klägerin und dem beklagten Verein über die Erbringung von Verwaltungsleistungen wegen des Verstoßes gegen das Selbstkontrahierungsverbot gemäß § 181 BGB nicht zustande gekommen. Die Geschäftspartner, die den Vertrag als Vorstände des beklagten Vereins für diesen schlossen, seien auch Gesellschafter der Klägerin. Zwar sei die Klägerin bei Abschluss des Vertrages nicht von den Gesellschaftern vertreten worden, so dass § 181 BGB nicht unmittelbar anwendbar sei, weil dessen Wortlaut die Identität der für beide Seiten des Rechtsgeschäfts auftretenden Personen voraussetze. Allerdings sei § 181 BGB analog anwendbar, wenn die Personenidentität dadurch umgangen werde, dass ein Untervertreter auftrete, der von den nach § 181 BGB ausgeschlossenen Vertretern bestellt worden und weisungsabhängig sei.

Darüber hinaus sei der Vertrag unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam. Zwar war die Vertretungsmacht der Vorstände des beklagten Vereins im Außenverhältnis nicht beschränkt, allerdings stehe der Abschluss des Vertrages zur Durchführung der Verwaltungsleistungen im Widerspruch zur Satzung, die die Übertragung der Geschäftsführung auf Dritte nicht ausdrücklich erlaube. Ohne ausdrückliche Erlaubnis in der Satzung darf der Vorstand die Geschäftsführung nicht allgemein einer anderen Person oder Stelle übertragen. Die Aufgaben, die die Klägerin übernehmen sollte, seien so allgemein beschrieben, dass dadurch ein wesentlicher Teil der zum Wirkungskreis eines Vorstands gehörenden Aufgaben delegiert wurde (wie insbesondere das Verwalten der Mitglieder, der Einzug von Beiträgen, die Buchführung und die Vorbereitung des Jahresabschlusses). Diese - nach Auffassung des Gerichts sehr deutlich - über die bloße Gehilfentätigkeit hinausgehende Delegation von Geschäftsführungsaufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung an die Klägerin hätte einer Grundlage in der Satzung bedurft.

Außerdem verstoße der Abschluss des Vertrages gegen die Satzung des beklagten Vereins, in der eine ehrenamtliche Tätigkeit der Vorstände geregelt ist. Eine ehrenamtliche Tätigkeit verbiete nicht nur direkte Vergütungen an den Vorstand, sondern auch Vertragsgestaltungen, die zur Begründung eines anderweitigen Entgeltanspruchs gegen den Verein für nach der Satzung vom Vorstand zu erbringende Tätigkeiten führe.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass bei der Delegation von Geschäftsführungsaufgaben eine sorgfältige Prüfung der Satzung und der vertraglichen Formulierung unerlässlich sind. Ohne ausdrückliche Erlaubnis in der Satzung darf der Vorstand die Geschäftsführung im Ganzen nicht auf Dritte übertragen. Darüber hinaus ist eine Übertragung gegen Entgelt nur zulässig, wenn in der Satzung eine Vergütung für den Vorstand vorgesehen ist. Außerdem muss die Vergütung angemessen sein.

Ihr Ansprechpartner

 Rechtsanwältin Simone Scheffer
Rechtsanwältin Simone Scheffer
Steuerberaterin
0251 - 48204-54
s.scheffer@bpg-muenster.de

sekretariat@bpg-muenster.de 004925148204-0 Nevinghoff 30
Münster
Nordrhein-Westfalen
48147
Deutschland