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EuGH verneint Umsatzsteuerbefreiung für Schwimmkurse

Der EuGH hat die Umsatzsteuerfreiheit für Schwimmunterricht verneint.

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Dipl.- Kfm. Hauke Hübert
Dipl.- Kfm. Hauke Hübert
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Nach Art. 132 Abs. 1 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) ist der „Schul- und Hochschulunterricht“ von der Umsatzsteuer befreit. Der EuGH (C-373/19 – 21. Oktober 2021) hat nun entschieden, dass Schwimmkurse, die von einer Schwimmschule erbracht werden, nicht vom Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“ i. S. d. Richtlinie umfasst werden und somit unionsrechtlich der Umsatzsteuer unterliegen.

Umsatzsteuerfreiheit von Bildungsleistungen – Rechtsstand

Die nach deutschem Recht geltenden Steuerbefreiungen für Bildungsleistungen nach § 4 Nr. 21 UStG stimmen nur teilweise  mit dem Unionsrecht überein. Bislang konnten Bildungseinrichtungen ihre Bildungsleistungen jedoch nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der MwStSystRL umsatzsteuerfrei erbringen. Diese unionsrechtliche Steuerbefreiung ist vom EuGH und BFH weit ausgelegt worden, sodass praktisch alle Unterrichtsformen, die nicht als reine Freizeitgestaltung zu charakterisieren waren, umsatzsteuerfrei ausgeführt werden konnten. Allerdings hat der EuGH bereits mit Urteil vom 14. März 2019 (C-449/17) den Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“ deutlich restriktiver ausgelegt.

Sachverhalt

Der von einer Schwimmschule, in Form einer GbR, erbrachte Schwimmunterricht vermittelte Grundlagen und Techniken des Schwimmens in Form von typischen Unterrichtsangeboten auf verschiedenen Leistungsniveaus, wie beispielsweise die Abnahme des „Seepferdchen“. Die Umsatzsteuerbefreiungen nach § 4 Nr. 21 UStG umfasst solche Unterrichtsformen nicht. Die GbR beantragte jedoch die Befreiung der Umsatzsteuerpflicht nach Unionsrecht gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL. Hiernach ist der Schul- und Hochschulunterricht, sofern er dem Gemeinwohl dient, von der Umsatzsteuer befreit ist.

Urteilsentscheidung

Laut EuGH seien allerdings nur die in Art. 132 MwStSystRL einzeln genannten und aufgeführten Tätigkeiten von der Umsatzsteuerbefreiung umfasst. Die Befreiung gelte nicht für alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten. Die in Art. 132 MwStSystRL aufgeführten Tätigkeiten seien als autonome unionsrechtliche Begriffe eng auszulegen, sodass eine unterschiedliche Anwendung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten verhindert wird. Dies gelte auch für den Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“, der auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler bzw. Studenten, je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf verschiedenen Stufen des Systems verweist.  

Der EuGH bestätigt zwar, dass ein ausgeprägtes Gemeininteresse am Schwimmunterricht bestehe, was wiederum eine Abgrenzung zu andern Unterrichtsangeboten, beispielsweise vom Fahrschulunterricht, im Rahmen des Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL ermögliche. Trotzdem stelle der Schwimmunterricht einen spezialisierten, punktuell erteilten Unterricht dar, der für sich allein nicht der Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt. Dies sei jedoch für den „Schul- und Hochschulunterricht“ kennzeichnend.

Der Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“ nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der MwStSystRL sei daher so auszulegen, dass der Schwimmunterricht einer Schwimmschule hiervon nicht umfasst wird.

Folgen für die Praxis

Die engere Auslegung des Begriffs des Schul- und Hochschulunterrichts dürfte auch auf den Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 22 UStG Auswirkungen haben. Die Finanzgerichte werden diesen Begriff in Zukunft vermutlich auch enger auslegen, so dass dann eine Steuerbefreiung nicht mehr in allen Fällen zu erwirken sein wird. Zwar könnte in einzelnen Sachverhalten aufgrund von Abschnitt 4.22.1 Abs. 4 UStAE Vertrauensschutz zu gewähren sein, dennoch dürfte das Urteil für den Bildungsbereich insgesamt weitreichende Folgen haben. Unter Berücksichtigung der Urteilsbegründung könnten beispielsweise auch Sprach- oder Musikschulen nur spezialisierten und punktuell erteilten Unterricht erbringen, was somit eine Umsatzsteuerbefreiung ausschließen würde. Bildungseinrichtungen, die Unterrichtsleistungen erbringen, sollten daher genau prüfen, ob ihre Leistungen nun möglicherweise der Umsatzsteuer unterliegen.

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Matthias Wenzel
Bachelor of Science

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