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Bedeutung und Durchsetzung der Masernschutzimpfung im Arbeitsrecht

Am 1. März 2020 tritt das Masernschutzgesetz in Kraft. Es normiert eine Impf- und Nachweispflicht für Mitarbeiter von nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) geschützten Einrichtungen wie Kindergärten, Pflegeheimen und medizinischen Einrichtungen.

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Rechtsanwältin Agnes Lisowski
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Das Masernschutzgesetz tritt am 1. März 2020 in Kraft und gibt uns Anlass sich die (Masern-)Impflicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsrecht genauer anzusehen.

Bedeutung der Impfung

Die Bedeutung einer Impfpflicht bringt die Europäische Kommission mit ihrem an den Europäischen Rat gerichteten Vorschlag vom 26. April 2018 (COM (2018), 244 final), sehr gut zum Ausdruck. In ihrem Vorschlag macht sich die Europäische Kommission für eine Empfehlung des Europäischen Rates zur verstärkten Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von durch Impfung vermeidbare Krankheiten stark. Obwohl die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag richtig feststellt, dass die Impfprogramme in die Zuständigkeit der einzelnen EU-Länder fallen und sie eine ausdrückliche Impfpflicht nicht vorschlägt, so hebt sie mit ihrem an den Europäischen Rat gerichteten Vorschlag die Bedeutung der Impfung für die Gesundheit aller EU-Bürger hervor.

Gesetzliche Lage in Deutschland

Die Impfpflicht stellt einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und die Freiheit des Einzelnen dar, sich selbst für oder gegen eine Impfung zu entscheiden. Ein solcher Eingriff kann jedoch im Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. In Deutschland bestand in den Jahren 1949 bis 1975 nach dem Reichsimpfgesetz vom 8. April 1874 eine allgemeine Impflicht gegen Pocken, die danach bis in die 1980er Jahre eingeschränkt auf Kinder im Alter von einem und im Alter von zwölf Jahren fortbestand. Diese Impfpflicht gegen Pocken hat das Bundesverwaltungsgericht 1959 (BVerwG Urteil vom 14. Juli 1959, Az.: I C 170/56) für verfassungsmäßig erklärt.

Seit 2001 ist die Impflicht in Deutschland in § 20 Abs. 6 und Abs. 7 Infektionsschutzgesetz geregelt (IfSG). In § 20 Abs. 6 und 7 IfSG werden das Bundesministerium für Gesundheit bzw. die Landesregierungen ermächtigt durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates Schutzimpfungen zur Eindämmung einer übertragbaren Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen anzuordnen, wenn mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Nunmehr hat der Bundestag in seiner Sitzung am 14. November 2019 das Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfpflicht (Masernschutzgesetz) beschlossen und den § 20 IfSG um die Absätze 8 bis 14 ergänzt.

Welche Mitarbeiter sind betroffen?

Die Masernimpfpflicht nach § 20 Abs. 8 IfSG trifft alle nach dem 31.Dezmeber 1970 geborenen Personen, die für folgende Einrichtungen tätig sind:

  • Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nr. 1 bis 3 IfSG
    • Kindertageseinrichtung,
    • Kinderhort,
    • erlaubnispflichtige Kindertagespflege,
    • Schule und
    • sonstiger Ausbildungseinrichtung,
  • Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nr. 4 IfSG,
    • Heim
  • Einrichtung nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 IfSG,
    • Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern,
    • Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von vollziehbar Ausreisepflichtigen,
    • Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Flüchtlingen und Spätaussiedlern sowie
  • Einrichtungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1,
    • Krankenhäuser,
    • Einrichtungen für ambulantes Operieren,
    • Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,
    • Dialyseeinrichtungen,
    • Tageskliniken,
    • Entbindungseinrichtungen,
    • Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der in den Nummern 1 bis 6 genannten Einrichtungen vergleichbar sind,
    • Arztpraxen, Zahnarztpraxen,
    • Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,
    • Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden, und
    • ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen.

Die Impflicht betrifft sämtliche Personen, die regelmäßig und nicht nur zeitlich vorübergehend in den geschützten Einrichtungen tätig sind. § 20 Abs. 8 bis 14 findet somit auch Anwendung auf ehrenamtlich Tätige und Praktikanten.

Ausnahmen

Die Impfpflicht gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können, § 20 Abs. 8 Satz 4 IfSG. Außerdem kann die oberste Landesgesundheitsbehörde Ausnahmen von der Impfpflicht zulassen, wenn die erforderlichen Impfstoffe von Lieferengpässe betroffen sind, § 20 Abs. 9 Satz 8 IfSG.

Nachweispflichten:

Die von der Impfpflicht umfassten Personen haben einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern bzw. ihre Immunität gegen Masern durch ärztliche Zeugnisse oder eine Impfdokumentation nachzuweisen. Der Nachweis hat grundsätzlich gegenüber der Leitung der Einrichtung zu erfolgen, es sei denn, die oberste Landesgesundheitsbehörde bestimmt etwas Anderes, vgl. § 20 Abs. 9 Satz 1 und 2 IfSG. Bislang hat kein Bundesland abweichende Bestimmungen beschlossen.

Personen, die am 1. März 2020 in den genannten Einrichtungen bereits tätig sind (Altmitarbeiter), sind von der Nachweispflicht zunächst ausgeschlossen. Sie müssen den Nachweis erst zum Ablauf des 31. Juli 2021 führen, § 20 Abs. 10 IfSG.

Das Gesundheitsamt kann unter „angemessener“ Fristsetzung einen Nachweis nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG jederzeit von den Mitarbeitern der oben genannten Einrichtungen anfordern, § 20 Abs. 11 IfSG.

Rechtsfolgen des mangelnden Masernimpfschutzes bzw. des mangelnden Nachweises

Ausnahmen von der Impflicht nach § 20 Abs. 9 Satz 8 IfSG (Lieferengpass für Impfstoffe) oder eine spätere Vervollständigung des Impfschutzes ist dem zuständigen Gesundheitsamt unter Übermittlung der personenbezogenen Daten unverzüglich anzuzeigen. Diese Datenübermittlung ist zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich und somit gem. § 26 BDSG zulässig. Die Mitarbeiter sind jedoch diesbezüglich zu informieren.

Die von der Impflicht betroffenen Personen, die über keinen Nachweis des Impfschutzes verfügen oder diesen nicht vorlegen, dürfen in den oben genannten Einrichtungen nicht tätig werden, § 20 Abs. 9 Satz 7 IfSG.

Personen, die auf Aufforderung des Gesundheitsamtes den Nachweis nicht führen, kann das Gesundheitsamt den Zutritt zu den Räumlichkeiten der oben genannten Einrichtungen untersagen, § 20 Abs. 12 Satz 3 IfSG.

Die Vorlage des Nachweises über einen ausreichenden Masernimpfschutz kann im Rahmen eines Verwaltungsvollstreckungsverfahren mit Zwangsgeld durchgesetzt werden. Außerdem können die Gesundheitsämter gegen Träger von Einrichtungen, die Mitarbeiter entgegen § 20 Abs. 9 Satz 7 IfSG ohne Nachweis eines Masernimpfschutzes beschäftigen oder gegen Benachrichtigungspflichten gegenüber dem Gesundheitsamt verstoßen, und gegen diese Mitarbeiter selbst, die ihren Nachweispflichten nicht bzw. unvollständig nachkommen oder in einer geschützten Einrichtung ohne hinreichenden Masernschutz tätig sind, ein Bußgeld (§ 73 Abs. 1a Ziff. 7b IfSG) von bis zu 2.500,00 € verhängen.

Kosten der Impfung

Die Kosten für die Masernimpfung und die Dokumentation der Impfung im Impfausweis oder in einer Impfbescheinigung tragen die Krankenkassen.

Fazit

Auf Träger von Kindertages- sowie Schuleinrichtungen, Altenpflege- und Betreuungseinrichtungen, Asyl- und Flüchtlingsunterkünften sowie medizinischen Einrichtungen kommen ab dem 1. März 2020 neue Arbeitgeberpflichten zu.

Sie müssen neue und alte Mitarbeiter über die sie betreffende Impfpflicht informieren und zur Vorlage der entsprechenden Nachweise des ausreichenden Masernimpfschutzes hinwirken. Die Nachweise sowie die Gründe für ihre spätere Vorlage sollten in der Personalakte dokumentiert werden.

Ein Verstoß gegen die Beschäftigung von Mitarbeitern ohne nachweisbaren Masernimpfschutz oder Verstöße gegen die Nachweispflichten können mit Bußgeld von bis zu 2.500,00 € pro Fall geahndet werden.

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