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Erbschaft-/Grunderwerbsteuer: BFH zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts eines Grundstücks nach § 198 BewG

Der BFH stellt an den Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes eines Grundstücks nach § 198 BewG höhere Anforderungen als die Finanzverwaltung.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.12.2019, II R 9/18

Der Fall

In dem vom Bundesfinanzhof (nachfolgend „BFH“) entschiedenen Fall hat die bisherige Eigentümerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück im Wege der Schenkung auf die Kläger übertragen.

Das Finanzamt (nachfolgend „FA“) erließ Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Schenkungsteuer und setzte den Grundbesitzwert auf 456.578 € und die entsprechenden Anteile der Kläger fest. Für die Berechnung legte das FA die Bodenrichtwerte und die Vergleichsfaktoren des Gutachterausschusses zugrunde.

Die Kläger legten ein Verkehrswertgutachten eines Architekten, der über ein unbefristetes Zertifikat als "Sachverständiger für Wertermittlung und Baukostenplanung" verfügt, vor. Dieser ermittelte einen Verkehrswert in Höhe von 330.000 € als gewogenes Mittel aus Sachwert- und Ertragswertverfahren.

Im Einspruchsverfahren setzte das FA den Grundstückswert auf 373.000 € herab und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Es folgte der Methode und den Wertansätzen des Gutachtens mit Ausnahme des Bodenwerts. Der Gutachter hatte den Bodenwert mit Rücksicht auf die tatsächliche Geschossflächenzahl (GFZ) reduziert, während das FA die maximal mögliche Grundstücksausnutzung für zutreffend erachtete.

Das Finanzgericht (nachfolgend „FG“) hat in der Vorinstanz die gegen den angesetzten Grundstückswert eingelegten Klagen als unbegründet abgewiesen. Es ist der Auffassung, das FA habe zunächst zutreffend den Grundstückswert nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes (BewG) errechnet. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG sei den Klägern nicht gelungen. Der Gutachter sei nicht öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, sein Gutachten daher nach Maßgabe des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11.09.2013 - II R 61/11 nicht als Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes zulässig.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger Revision eingelegt.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen, da die Kläger mit der Vorlage des Gutachtens eines Architekten, der nicht öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger ist, ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen seien.

Der Wert eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks ist in erster Linie gemäß den Vorschriften des BewG nach dem typisierten Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Demgegenüber lässt § 198 BewG unter bestimmten Voraussetzungen den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) zu.

Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit niedriger ist als der nach dem BewG ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen (§ 198 Satz 1 BewG). Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten grundsätzlich die auf Grund des Baugesetzbuchs erlassenen Vorschriften.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muss der Steuerpflichtige diesen Nachweis selbst erbringen, etwa durch Vorlage eines geeigneten Gutachtens. Ob durch das Gutachten der Nachweis erbracht wird, unterliegt der freien Beweiswürdigung durch das FA und ggf. das FG. Dies setzt voraus, dass dem Gutachten ohne weitere Aufklärungs- und Ermittlungsmaßnahmen gefolgt werden kann.

Abgesehen von dem Fall des zeitnahen Verkaufs kommt als Nachweis grundsätzlich nur die Vorlage des Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen i.S. der §§ 36, 36a der Gewerbeordnung (GewO) in Betracht.

In früherer Rechtsprechung hatte der BFH vertreten, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts regelmäßig auch durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses geführt werden könne. In neuerer Rechtsprechung hat der BFH dahingegen verlangt, dass dieser Nachweis nur durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erbracht werden könne.

Diese neuere Rechtsprechung wendet die Finanzverwaltung jedoch nicht an. Sie hält weiterhin daran fest, dass der Steuerpflichtige den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts auch durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses erbringen kann.

Fazit

Das Urteil erging zur Schenkungsteuer, ist aber auf die Feststellung der Grundbesitzwerte nach § 8 Abs. 2 GrEStG, der auf dieselben Vorschriften des BewG verweist, zu übertragen.

Da das Finanzamt die Voraussetzungen für die Erfüllung seiner Nachweispflicht durch den Steuerpflichtigen restriktiver sieht als der BFH, ist bei entsprechenden Sachverhalten sehr genau zu überlegen, ob gegen eine Entscheidung des FA der Klageweg beschritten werden soll.

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