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Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 01.04.2017 beschlossen

Am 21.10.2016 hat der Bundestag über den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in zweiter und dritter Lesung beraten und diese beschlossen. Die Gesetzesänderung soll der Verhinderung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen und damit dem Schutz der Leiharbeitnehmerinteressen dienen.

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Rechtsanwältin Agnes Lisowski
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Am 21.10.2016 hat der Bundestag über den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in zweiter und dritter Lesung beraten und diese beschlossen. Die Gesetzesänderung soll der Verhinderung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen und damit dem Schutz der Leiharbeitnehmerinteressen dienen. Weiterhin beabsichtigt die Bundesregierung dadurch die Tariflandschaft und die Sozialpartnerschaften zu stärken, indem sie im Rahmen von Tarifverträgen ausgehandelten Abweichungen von den neu geplanten Änderungen zulässt.

Die Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes treten am 01.04.2017 in Kraft.

 

Der Gesetzesentwurf beschäftigt sich mit folgenden Maßnahmen:

1. Stärkung des „Equal Pay“-Grundsatzes („Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“)

Die Leiharbeitnehmer haben vom ersten Tag ihres Einsatzes bei dem Entleiher genau das gleiche Entgelt zu erhalten, wie die Ihnen vergleichbaren Arbeitskräfte des Entleihers.

Von diesem Grundsatz kann im Rahmen eines Tarifvertrages zeitlich abgewichen werden. Ein Ausschluss dieses Grundsatzes ist jedoch nicht möglich.

Die Angleichung der Löhne der Leiharbeitnehmer zu der Stammbelegschaft des Entleihers kann um 9 bzw. 15 Monate verzögert werden.

Regelt der anwendbare Tarifvertrag eine Lohnangleichung nach 9 Monate, so ist nach Ablauf dieser Frist der gleiche Lohn mit allen Sonderleistungen etc., wie er der Stammbelegschaft des Entleihers gewährt wird, auch an den Leiharbeitnehmer zu zahlen.

Regelt der Tarifvertrag eine Lohnangleichung spätestens nach 15 Monaten, so erfolgt die Lohnanpassung bis zur ihrer Angleichung schrittweise und beginnt spätestens 6 Wochen nach dem Beginn des Einsatzes des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher.

Übergangsregelung: Überlassungszeiten vor dem 01.04.2017 werden bei der Berechnung der 9 bzw. 15 Monate bis zur Lohnangleichung nicht berücksichtigt.

2. Beschränkung der Überlassungshöchstdauer auf 18 Monate

Die Überlassungshöchstdauer ist künftig auf 18 Monate beschränkt. Eine abweichende Überlassungshöchstdauer kann in einem Tarifvertrag oder bei einem nicht tarifgebundenen Entleiher, für dessen Einsatzbranche jedoch ein Tarifvertrag mit der Möglichkeit, eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung zur Überlassungsdauer abzuschließen, existiert, durch eine solche Betriebs- oder Dienstvereinbarung festgelegt werden. In einem solchen Fall kann man die Überlassungshöchstdauer auf bis zu 24 Monate ausdehnen.

Der Gesetzgeber räumt den Kirchen die Möglichkeit ein, eine längere Überlassungshöchstdauer als 18 Monate zu regeln. Eine Grenze nach oben ist dabei nicht vorgesehen.

Übergangsregelung: Überlassungszeiten vor dem 01.04.2017 werden bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer nicht berücksichtigt.

3. Anrechnung vorheriger Überlassungszeiten

Bei der Berechnung der Lohnanpassungsfristen und der Überlassungshöchstdauer sind die Zeiträume vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen desselben Leiharbeitnehmers jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.

4. Verbot des Einsatzes der Leiharbeitnehmer als Streikbrecher

Der Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher ist unzulässig. Die Leiharbeitnehmer dürfen in einem solchen Fall ihre Arbeitsleistung verweigern. Auf dieses Arbeitsverweigerungsrecht hat der Verleiher den Leiharbeitnehmer hinzuweisen.

5. Konkretisierung der Verträge

Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen. Die Person des Leiharbeitnehmers ist unter Bezug auf den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vor ihrer Überlassung zu konkretisieren. Wird gegen diese Vorgabe verstoßen, so führt dies zu der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher. Der Gesetzgeber geht dann von einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer aus.

Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber die Umgehung des Arbeitsrechts verhindern, die durch die fehlerhafte Deklarierung von Arbeitsverträgen als Werkverträge in der Praxis vorkommt.

6. Heilung der unwirksamen Verträge zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer

Unwirksame Verträge zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer können nur durch die Erklärung des Leiharbeitnehmers, an dem Vertrag mit dem Verleiher festhalten zu wollen, geheilt werden. Diese Erklärungen können nicht im Vorhinein abgegeben werden. Sie sind in den vom Gesetzgeber vorgesehen Zeiträumen abzugeben.

Eine Heilung der unwissentlich oder wissentlich als Werkverträge deklarierten Arbeitnehmerüberlassungsverträge durch die nachträgliche Berufung auf eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung ist nicht mehr möglich.

7. Erweiterungen der Informationspflichten gegenüber den Betriebsräten

Den Betriebsräten sind künftig nicht nur die im Betrieb beschäftigten Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, zu nennen, sondern auch der zeitliche Umfang ihres Einsatzes, ihr Einsatzort und die ihnen übertragenen Aufgaben. Als Unterlagen sind dem Betriebsrat die Verträge, die der Beschäftigung der Leiharbeitnehmer zugrunde liegen, zur Verfügung zu stellen. Diese Transparenzvorschrift erstreckt sich sowohl auf den Leiharbeitnehmer als auch auf den Werkvertragsnehmer.

8. Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahlen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)

Soweit Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes mit Ausnahme des § 112 a BetrVG, des europäischen Betriebsräte-Gesetzes oder auf Grund der jeweiligen Gesetze erlassenen Wahlordnungen eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern voraussetzen, sind Leiharbeitnehmer auch im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen, wenn ihre Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.

9. Definition des Arbeitnehmers

Der Begriff des Arbeitnehmers ist künftig unter Wiedergabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) definiert.

Fazit

In Zukunft ist noch mehr auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Verträge zu achten. Zwar können Werkverträge weiterhin abgeschlossen werden, es muss sich dann jedoch tatsächlich um Werkverträge handeln. Als „Faustregel“ gilt: Werkvertragsnehmer unterliegen den Weisungen ihres Arbeitgebers unabhängig von dem konkreten Ort der unmittelbaren Leistungserbringung. Leiharbeitnehmer hingegen unterliegen dem Weisungsrecht des Entleihers und sind in dessen Organisation eingegliedert.

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