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Zu einem für ein Ordensmitglied geführtes Betreuungsverfahren kann eine Ordensgemeinschaft nicht hinzugezogen werden

Da eine Ordensgemeinschaft keine natürliche Person, sondern eine juristische Person ist, kann sie nicht an einem Betreuungsverfahren beteiligt sein, das für eines ihrer Ordensmitglieder durchgeführt wird.

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 Rechtsanwältin Simone Scheffer
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Wird für ein Ordensmitglied die Bestellung eines Betreuers beantragt, hat die Ordensgemeinschaft kein Recht auf Beteiligung am Verfahren. Dies entschied jüngst der Bundesgerichtshof mit einem am 19. Januar 2018 veröffentlichten Beschluss (Az: XII ZB 426/17).

In dem der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt hatte die betroffene Frau 1952 im Alter von 23 Jahren ihr Ordensgelübde abgelegt und war seitdem Mitglied einer Ordensgemeinschaft im Raum Augsburg. 2013 erteilte sie einem befreundeten Paar eine „Gesundheitsvollmacht“, die alle persönlichen Angelegenheiten im Rahmen der Gesundheitssorge einschließlich der Bestimmung des Aufenthaltsorts umfasste.

Zur besseren gesundheitlichen Versorgung nahm dieses Betreuerpaar 2016 die nunmehr 87 Jahre alte Nonne aus dem Kloster und beantragte beim zuständigen Amtsgericht die Bestellung eines Betreuers. Die Ordensgemeinschaft teilte dem Amtsgericht mit, dass die Ordensschwester sich trotz ihres ausdrücklichen Wunsches, in das Kloster zurückzukehren, weiterhin im Gewahrsam der Bevollmächtigten befinde. Die Ordensgemeinschaft stellte einen Antrag auf Beteiligung am Betreuungsverfahren. 

Das Amtsgericht lehnte den Antrag der Ordensgemeinschaft auf eine Verfahrensbeteiligung ab. Nach dem Landgericht Augsburg bestätigte diese Entscheidung nun auch der Bundesgerichtshof.

An einem Betreuungsverfahren zwingend zu beteiligen sei laut Gesetz nur ein begrenzter Kreis von Personen: der Betroffene selbst, ggf. vorhandene Betreuer, Vorsorgebevollmächtigte, gerichtlich bestellte Verfahrenspfleger und ggf. die Betreuungsbehörde. Zu diesem Personenkreis gehöre die Ordensgemeinschaft nicht.

Die Ordensgemeinschaft sei auch nicht unmittelbar betroffen, führte der Bundesgerichtshof weiter aus. Die Anordnung oder die Ablehnung einer Betreuung für eines ihrer Ordensmitglieder greife nicht unmittelbar in die der Ordensgemeinschaft zustehenden Rechte ein. Weder das Religionsgemeinschaften verfassungsrechtlich gewährte Selbstbestimmungsrecht noch die Freiheit der Religionsausübung werde berührt. Die ordensinterne Betreuung im Fall von Alter und Krankheit sei kein Recht, sondern vielmehr eine gegenüber dem betreffenden Ordensmitglied bestehende Pflicht der Ordensgemeinschaft. Ein Betreuungsverfahren stelle diese Pflicht nicht in Frage.

Von Amts wegen oder auf Antrag können die in § 274 Abs. 4 FamFG genannten Personen als Beteiligte hinzugezogen werden. Die Aufzählung enthalte ausschließlich natürliche Personen (nahe Angehörige, Lebenspartner oder enge Freunde) und sei abschließend. Das hier vorausgesetzte Vertrauens- und Näheverhältnis sei nur zwischen Menschen, nicht aber zwischen Menschen und juristischen Personen möglich. Daher könnten ggf. einzelne Mitglieder oder Vertreter der Ordensgemeinschaft beteiligt werden, nicht aber die Ordensgemeinschaft selbst.

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