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Zur Steuerfreiheit von Umsätzen privater Krankenhausbetreiber

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in letzter Zeit wiederholt mit der Umsatzsteuerfreiheit von Umsätzen privater Krankenhausbetreiber beschäftigt.

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in letzter Zeit wiederholt mit der Umsatzsteuerfreiheit von Umsätzen privater Krankenhausbetreiber beschäftigt.

Bis einschließlich 2008 waren die mit dem Betrieb der privaten Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze nach § 4 Nr. 16 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) a.F. steuerfrei, wenn bei Krankenhäusern im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt wurden. Danach mussten bei einem Krankenhaus, das nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fiel, mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet wurde.

Für Zeiträume ab 2009 ist die Steuerbefreiung von Krankenhausbehandlungen nun in § 4 Nr. 14 b) Satz 2 aa) UStG geregelt. Hiernach sind die Leistungen der privaten Krankenhäuser nur steuerfrei, wenn es sich um eine Hochschulklinik, ein in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenes Krankenhaus oder um ein Krankenhaus handelt, das über einen Versorgungsvertrag mit den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen verfügt.

Im Verfahren XI R 8/13 (BFH, Urteil vom 18. März 2015) betrieb die Klägerin ein privates Krankenhaus für Psychosomatik, Psychotherapie und Krisenintervention. In den Streitjahren (vor 2008) behandelte sie privat versicherte Patienten und Selbstzahler. Das Finanzamt hat die Steuerfreiheit der Umsätze mit der Begründung abgelehnt, dass die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG a.F. nicht erfüllt seien.

Im Verfahren XI R 38/13 (BFH, Urteil vom 18. März 2015) war Klägerin eine Privatklinik, in der niedergelassene Ärzte im Streitjahr 2009 operative Eingriffe an gesetzlich und privat versicherten Patienten durchführten. In diesem Fall hat das Finanzamt die Steuerfreiheit abgelehnt, weil die Voraussetzungen nach § 4 Nr. 14 b) Satz 2 aa) UStG nicht erfüllt seien.

In beiden Fällen war das Finanzgericht (FG) der Auffassung, dass sich die betreffende Klägerin für die Steuerfreiheit der streitbefangenen Umsätze jeweils auf das Unionsrecht berufen könne und hat der Klage stattgegeben.

Im Verfahren XI R 8/13 folgte der BFH dem FG nicht und hat die Vorentscheidung auf die Revision des FA hin aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er begründete dies damit, dass die Steuerbefreiung der mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsätze nach § 4 Nr. 16 b) UStG a.F. i.V.m. § 67 AO hinsichtlich der 40 %-Grenze unionsrechtskonform sei.

Im Verfahren XI R 38/13 wies der BFH die Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück. Der entscheidende XI. Senat des BFH schloss sich der Rechtsprechung des V. Senats des BFH an. Dieser hatte mit Urteil vom 23. Oktober 2014 V R 20/14 entschieden, dass die nationale Regelung in § 4 Nr. 14 b) Satz 2 aa) UStG nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche. Nach Auffassung des BFH hat der nationale Gesetzgeber den ihm insoweit eingeräumten Ermessensspielraum überschritten, weil die Regelung in § 4 Nr. 14 b) Satz 2 aa) UStG die Steuerfreiheit der Leistungserbringung in privaten Krankenhäusern unter einen sozialversicherungsrechtlichen Bedarfsvorbehalt stellt, der mit dem Unionsrecht nicht vereinbar ist.

Die Klägerin konnte sich demnach für die Steuerfreiheit der streitbefangenen Umsätze unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 b) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) berufen. Die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 b) MwStSystRL ergibt sich aus dem mit ihrer Tätigkeit verbundenen Gemeinwohlinteresse, der Steuerfreiheit vergleichbarer Unternehmer und aus der Übernahme der Kosten für die von der Klägerin erbrachten Leistungen durch Krankenkassen und Beihilfestellen. Hierfür reicht es aus, dass im erheblichen Umfang gesetzlich Versicherte mit Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 SGB V und darüber hinaus auch Beihilfeberechtigte mit Kostenerstattungsanspruch im Krankenhaus der Klägerin behandelt wurden. Auch hat die Klägerin ihre Heil- und Krankenhausbehandlungsleistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbracht, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 SGB V zugelassen sind. Für die Vergleichbarkeit in sozialer Hinsicht kommt es nicht auf den für gesetzlich Versicherte bestehenden Behandlungsanspruch nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V an, der den Abschluss eines Versorgungsvertrages voraussetzt. Die Vergleichbarkeit bezieht sich auf die Art und Weise der Leistungserbringung, dient aber nicht dazu, Zulassungsbeschränkungen in Bezug auf den Kreis der zur steuerfreien Leistungserbringung berechtigten Unternehmer zu rechtfertigen.

Fazit:

Für Zeiträume ab 2009 können sich private Krankenhausbetreiber bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Art. 132 Abs. 1 b) MwStSystRL berufen, wenn das Finanzamt die Umsatzsteuerfreiheit der erbrachten Leistungen im Rahmen der Krankenhausbehandlung wegen des Fehlens einer Zulassung nach § 108 SGB V ablehnt.

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